WNZ vom 12.10.2020

Die Schützen wollen es versuchen
Nach einem halben Jahr Wettkampfpause beginnen die Rundenwettkämpfe unter besonderen Bedingungen

DILLENBURG/WETZLAR. Im Schützenbezirk Lahn-Dill haben am Freitagabend die Luftdruck-Rundenwettkämpfe begonnen – keine Selbstverständlichkeit, nachdem die Mannschaftswettkämpfe für die Erst- und Zweitligaschützen abgesagt worden waren. Bezirksschützenmeisterin Dunja Boch zeichnet im Gespräch mit dieser Zeitung den Weg nach, der in den vergangenen Wochen über die ersten Bezirksmeisterschaften zum Rundenstart geführt hat. Sie verbreitet Optimismus, ist gleichzeitig aber nicht frei von Bedenken.

Die Kleinkaliber-Runde war bis auf einen Wettbewerb für Pistolen- oder Revolverschützen nicht zu Ende geführt oder gar nicht erst begonnen worden. Gab es nun im Fall der Luftdruckschützen Zweifel an der Rückkehr in den Ligabetrieb?

In den vergangenen Wochen sind die wichtigsten Bezirksmeisterschaften als eine Art Testlauf nachgeholt worden. Die Teilnehmerfelder waren bei Weitem nicht so groß wie üblich. Aber von diesen Meisterschaften gingen wichtige und positive Signale aus. Nämlich: Die Wettkämpfe funktionieren selbst unter den aktuellen Hygienevorgaben. Und: Es geht wieder weiter. Auf solche Signale haben die Schützen gewartet.

Wer hat letztendlich entschieden, dass die Ligawettbewerbe in die Disziplinen Luftgewehr, Luftgewehr Auflage, Luftgewehr-Altersklasse, Luftpistole und Luftpistole Auflage beginnen?

Das hat der Bezirksvorstand entschieden, nachdem aus den Vereinen heraus ganz viele gute Vorschläge gekommen waren, unter welchen Bedingungen ein Ligabetrieb stattfinden könnte. Ich muss unsere Schützen dafür ausdrücklich loben. Ich hätte es schade gefunden, wenn der Anfang jetzt nicht gemacht worden wäre. Denn der Start in die Saison sorgt nicht nur für Motivation bei den Aktiven. Der Start in die Rundenwettkämpfe sorgt auch für Motivation bei den Ehrenamtlern in den Vereinen. Die hatten doch im vergangenen halben Jahr kaum mehr zu tun, als die Spinnweben aus den Ecken zu putzen. Viele haben sich doch schon gefragt, wie es ohne ein Wettkampfangebot mit dem eigenen Verein überhaupt weitergehen soll.

Welche Vorschläge haben die Vereine denn gemacht?

Der Bezirksvorstand und die Sportlichen Leiter für Gewehr und Pistole hatten den Vereinen im Vorfeld weitgehend freie Hand gelassen, wie sie die Abläufe regeln wollen. Ich finde das auch richtig, denn es gibt so viele unterschiedliche Voraussetzungen, beispielsweise das Alter der Schützen, die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, die baulichen Voraussetzungen im Schützenhaus oder Vorgaben der Kommunalbehörden. Man kann nicht eine Lösung finden, die überall funktioniert. Die Vereine wiederum haben ganz tolle Lösungen gefunden. Beispielsweise werden nun manche Duelle als Fernwettkämpfe ausgetragen. Jede Mannschaft schießt dann auf ihrer eigenen Anlage. Die Ergebnisse lassen sich problemlos online melden. Auch bei der Terminierung der Wettkämpfe werden wir den Vereinen abweichend von der Rundenwettkampfordnung eine längere Leine lassen.

Hat sich das halbe Jahr Wettkampfpause eigentlich negativ auf die Zahl der Mannschaftsmeldungen ausgewirkt?

Kein Verein hat sich wegen Corona komplett aus dem Geschehen zurückgezogen. Eher war das Gegenteil der Fall: Die Vereine haben versucht, in den Wettkampfsport zurückzukehren. Einige wenige Mannschaften sind jetzt nicht mehr dabei. Aber das liegt meiner Meinung nach weniger am Infektionsrisiko, sondern eher daran, dass dort schon in der Vergangenheit Besetzungsprobleme aufgetaucht waren.

Gab es Bedenken oder gar eine Debatte um ein Für und Wider der Rundenwettkämpfe?

Generell war mein Eindruck: Die Leute wollten schießen. Einzelne Vereine oder Schützen hatten Bedenken. Ich meine: Jeder soll selbst entscheiden, ob er sich an den Rundenwettkämpfen beteiligt.

Wird denn überall in Hessen schon wieder geschossen?

Nein. Meines Wissens hat ein Bezirk in Nordhessen seine Rundenwettkämpfe abgesagt, weil dem Bezirksvorstand das Infektionsrisiko zu groß ist.

Wie sieht es mit Einzelmeisterschaften aus?

Es gibt Planungen und Termine für Bezirksmeisterschaften, für Hessenmeisterschaften und für Deutsche Meisterschaften. Ich habe aber Zweifel, ob sich Veranstaltungen wie die Hessenmeisterschaften und die Deutschen Meisterschaften wirklich durchführen lassen. Mit Aktiven und Betreuern befinden sich dort normalerweise mehrere Hundert Personen auf dem Schießstand. Von den Teilnehmerzahlen her ist eine Bezirksmeisterschaft weitaus unproblematischer zu organisieren.

Auf Bundesebene und auf Hessenebene sind Aufstieg und Abstieg ausgesetzt. Wie sieht es für die Bezirksligen, Kreisligen und Grundklassen aus?

Meiner Meinung nach muss sich diese Regelung auf Bezirksebene fortsetzen. Kein Aufstieg, kein Abstieg. Man muss auch ehrlich sagen: Wir müssen erst einmal sehen, wieweit wir überhaupt durch die Runde kommen. Frankfurt steht angesichts steigender Infektionszahlen kurz vor dem Shutdown. Wir warten alle ab, wie sich die Lage entwickeln wird. Das ist in allen Sportarten dasselbe.

Sie hatten das Thema Fernwettkämpfe und den Onlinemelder angesprochen. Könnte die Pandemie den Schießsport digital revolutionieren? Eigentlich könnte sich doch jede Mannschaft eine weite Anreise sparen und stattdessen nur noch Fernwettkämpfe austragen.

Auf elektronisch ausgerüsteten Schießständen wäre es sogar möglich, den Wettkampf live ins andere Schützenhaus zu übertragen. Aber ich glaube, dass das eher etwas für die höheren Ligen wäre. In den tiefen Klassen geht es den Schützen nicht nur darum, ein Resultat auf die Scheibe zu bringen. Sondern es geht ihnen auch um die persönliche Begegnung. Auch dieses Miteinander macht letztendlich den Spaß an unserem Sport aus.