„Das Beste daraus gemacht“

WNZ Dienstag, 13.04.2021

Hessischer Schützentag schrumpft zu einer Online-Infoveranstaltung
Von Sven Jessen

DILLENBURG/WETZLAR. Der Hessische Schützenverband ist am vergangenen Wochenende in seinen Planungen einen kleinen Schritt vorangekommen. Weil die Corona-Pandemie einen Hessischen Schützentag mit mehreren Hundert Teilnehmern verhinderte, hat das Präsidium seine Beschlussvorlagen zu den Haushalten 2020 und 2021 in mehreren Online-Sitzungen mit den Delegierten der 27 Schützenbezirke vorgestellt. Die Beschlussvorlagen sollen nun in einem schriftlichen Umlaufverfahren gegengezeichnet werden.

Eigentlich hätte am vergangenen Sonntag eine riesengroße Runde in Alsfeld zusammenkommen sollen. In der Hessenhalle ist aber seit mehr als einem Monat ein Impfzentrum eingerichtet. Der Verband entschloss sich deswegen zu einer Online-Veranstaltung.

Zu denjenigen, die am vergangenen Samstag und Sonntag vor die Bildschirme gebeten waren, zählte Dunja Boch. Die Bezirksschützenmeisterin und die 21 Delegierten aus dem Schützenbezirk Lahn-Dill waren gemeinsam mit den Vertretern einiger anderer Bezirksverbände für Sonntag, 12 Uhr, eingeladen worden. Es war einer von mehreren Terminen, die der Verband für das gesamte Wochenende geblockt hatte, um überhaupt alle Teilnehmer in ein Video-Netzwerk holen zu können. Die für jede Gruppe vorgesehenen 90 Minuten genügten jedenfalls, um alle Tagesordnungspunkte abzuhandeln.

Dunja Boch resümierte: „Das Ganze trug eher den Charakter einer Informationsveranstaltung als eines Schützentages.“ Der eine oder andere Teilnehmer hätte sich durchaus eine intensivere Debatte gewünscht. Fragen konnten gestellt werden, kamen Dunja Boch zufolge aber etwas zu kurz. „Das war allein dem Veranstaltungsformat geschuldet“, sagte sie. „Letztendlich hat der Verband das Beste aus der Situation gemacht. Besser so, als dass die Beschlussvorlagen mit einem kurzen Begleittext versehen an die Delegierten verschickt worden wären“, fand sie.

Mit einer gewissen Restspannung muss nun abgewartet werden, mit welchem Votum die Delegierten die Unterlagen tatsächlich an den Verband zurückschicken und wofür sich Mehrheiten finden werden. „Ich gehe davon aus, dass der Haushalt genehmigt wird“, sagte Dunja Boch.

An der Genehmigung der Haushalte der letzten beiden Jahre hängen mehrere Entscheidungen: Erstens die Finanzierung der Umbauarbeiten am Landesleistungszentrum, zweitens der Wegfall einer Umlage, mit der die hessischen Vereine die Elektrifizierung der Luftdruckstände in Frankfurt sonst zu einem wesentlichen Teil bezahlt hätten, und drittens die Gewährung einer „Corona-Hilfe“ an die Vereine.

Die Modernisierung des Landesleistungszentrums in Frankfurt wird voraussichtlich eine halbe Million Euro kosten. Zur Vorfinanzierung hat der Verband Rücklagen in Höhe von 200.000 Euro gebildet. Weitere 300.000 Euro sollen aus Rücklagen für Betriebsmittel kommen. Es wird erwartet, dass diese Betriebsmittelrücklage durch Fördermittel der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen ausgeglichen wird. Würde es so kommen, dann wäre auch die geplante Umlage in Höhe von 4,50 Euro je erwachsenem Mitglied vom Tisch, die die Vereine ansonsten entrichten müssten.

Würde sich eine Mehrheit für den Haushalt finden, dann kämen die Vereine außerdem in den Genuss einer einmaligen „Corona-Hilfe“ in Höhe von 100 Euro. Diese Hilfe müsste beim Verband beantragt werden. Bei einer Befragung der Vereine im Schützenbezirk Lahn-Dill sprachen sich Dunja Boch zufolge zwei Drittel für eine solche Hilfszahlung aus. Ein Drittel könnte auf 100 Euro verzichten, käme mit einem solchen Betrag nicht wesentlich weiter oder fand, der Verband könne das Geld für anderes sinnvoller einsetzen.

Hinter anderen Planungen setzt der weitere Verlauf der Corona-Pandemie noch große Fragezeichen. Ob es Deutsche Meisterschaften geben wird, entscheidet sich möglicherweise im Vorfeld des Deutschen Schützentages am 1. Mai in Gotha. Nachdem der hessische Landesverband seine Meisterschaften bereits abgesagt hatte, wird mindestens mit einem Zusammenstreichen des DM-Programms gerechnet. Im August und im September hätten die Wettbewerbe in den olympischen Disziplinen ausgerichtet werden sollen. Im September und im Oktober wären dann die Auflagewettbewerbe gefolgt.

Die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften würde in Hessen über die Bezirksmeisterschaften abgewickelt werden. Erste Qualifikationsergebnisse müssten bis Anfang Juni, der Hauptteil bis Anfang Juli an den Verband gemeldet werden. An die Durchführung solcher Meisterschaften ist im Lahn-Dill-Kreis angesichts hoher Inzidenzzahlen (die Sieben-Tage-Inzidenz betrug Stand Sonntag, 10 Uhr, 203,6) und angesichts der Sperrung überdachter Schießsportanlagen bis auf Weiteres nicht zu denken.

Abwarten müssen die Schützen außerdem, ob das geplante Jahrgangsschießen für den Nachwuchs wie geplant stattfinden kann. Am 15. Mai hätten hierzu schätzungsweise 90 Aktive in Frankfurt zusammenkommen sollen. Zehn Prozent der hessischen Nachwuchsschützen hätten ihren Vereinen im Laufe der Pandemie bereits den Rücken gekehrt.

Klarheit gibt es hingegen, was die Bezirksschützentage angeht: Sie dürfen wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen auf das Jahr 2022 verschoben werden. Die Bezirksvorstände würden bis zur nächsten Wahl im Amt bleiben. Dunja Boch begrüßt diese Regelung: „Ich fände es ungünstig, einen Bezirkstag digital stattfinden zu lassen. Gerade in einem so großen Bezirk wie unserem könnten wir gar nicht alle Vereine auf einmal mitnehmen.“

Weniger konkret ist zurzeit der Einsatz eines neuen „Meisterschaftstools“. Über diese Software, eine Mischung aus dem „David“-Programm und dem Rundenwettkampfmelder könnten beispielsweise inoffizielle Wettkämpfe abgewickelt werden. Dass der Schießsport bald wieder in die Gänge kommt, läge Dunja Boch jedenfalls am Herzen: „Wir wollen den Aktiven so viel wie möglich anbieten und so wenig wie möglich absagen.“